Oktober 31, 2019
Manchmal werde ich angeschrieben, ob ich auch Kurse in Zirkuslektionen anbiete und vermutlich merkt man dann meiner ablehnenden Antwort an, wie entschieden ich es NICHT tue.
Dies liegt nicht daran, dass ich glaube, dass Pferde das Ablegen, das Kompliment, das Sitzen und Vieles mehr nur unter Zwang lernen können. Im Gegenteil bin ich sicher, dass der Mensch sie mit Leckerchen oder Clicker im herkömmlichen Verständnis gewaltfrei dazu bringen kann. Etwas in meinen Augen subtiler Gewalttätiges steckt dennoch darin: das Bestreben des Menschen dem Pferd etwas „Menschenähnliches“ beizubringen. Es steckt darin etwas von dem Gedanken, dass unser Verhalten, unsere Möglichkeiten, unsere Gesten und unsere Sprache (Kommandos) in sich betrachtet das erstrebenswerte Maß allen Lebens seien. Das ist genau das, was mich am Zusammensein und Zusammenarbeiten mit Pferden nicht interessiert, mich kein bißchen verlockt.
Genau das Gegenteil ist es, was ich suche und erstrebe: wie kann ich meine gesellschaftliche Konditionierung ein Stück weit verlieren, wieweit kann ich mittels Energie, Position und Timing einen Zugang zum unkonditionierten Pferd finden – letztendlich selbst etwas mehr zum Pferd werden, anstatt ihm beizubringen, wie es sich quasi menschenähnlich zu verhalten hat. Mein Weg führt mich also in die entgegengesetzte Richtung: ich strecke mich in meinen Fähigkeiten zum Pferd hin aus, anstatt es durch Konditionierung in die menschlich definierte Welt hereinzuziehen.
Die Momente des Glücks finde ich in der eigenen Welt der Pferde. Und nichts liegt mir ferner als diese Welt durch einen Sieg zu kompromittieren, der darin bestehen kann, dass das Pferd sich verbeugt, auf den Hinterbeinen läuft oder andere menschliche „Errungenschaften“ nachahmt.